Kalt, dunkel, nass. Das Wetter macht misslaunig. Mieslaunig. Weihnachtsstress steht vor der Tür. Alles nervt. Die Sehnsucht, nur weg zu wollen steigert sich von Tag zu Tag. Das Jahr war nicht wirklich meins. Zwar endete es auf 23, meine Zahl eigentlich, aber durch die OP an der Wirbelsäule, vorherige Schmerzen und Arbeitsausfälle, alle Reisen absagen müssen, die Einweisung meines Vaters in ein Pflegeheim und die Auflösung der Wohnung nach 62 Jahren, alles wurde irgendwie zu viel. Weg, tief durchatmen, endlich wieder Reisen, nicht urlauben. Reisen bedeutet, aktiv sein in Handlung und Kopf, die Entdeckung von Kultur, Natur, Menschen. Kurz – eine Flucht stand an. Flucht aus dem Alltag, Flucht vor dem Wetter, den Negativschlagzeilen. Endlich lachende Gesichter mit leuchtenden Augen sehen wollen und die Beschwingtheit von Muße spüren und keine Ketten, die einen den Brustkorb zusammenpressen und das freie Atmen erschweren.
Wo finde ich das nun? Ich kenne doch den Platz der mir mein Lächeln zurück gibt, an dem ich allein durch die Weite der Landschaft die vermisste Freiheit empfinde. Südafrika. Kein Urlaub, sondern wieder Reisen. Ja, endlich wieder Reisen wollen.
Endlich wieder unterwegs
Die Reisepreise gehen ins Unendliche, politisch gewollt, wirtschaftlich ausgenutzt. Hohe Flugpreise, hohe Kosten für Mietwagen, Gasthäuser, die gut verdienen wollen. Afrika wird bald nur noch für Backpacker oder gut betuchte Menschen bereisbar werden. Südafrika bildet da noch eine Ausnahme. Trotzdem sucht man zwangsläufig nach einer zuverlässigen Airline, die preisgünstig erscheint. An sich ist Kapstadt ja nur 11 Stunden entfernt, bei einer Stunde Zeitunterschied. Das macht es auch so attraktiv. Freitag Abend, nach der Arbeit in den Flieger, Samstag Mittag den Mietwagen entgegen nehmen. Aber wir flogen mit Türkisch Airlines, das bedeutet also via Istanbul mit 2-3 Stunden Aufenthalt. Und so waren es 15 Stunden.
Aber – Samstag am frühen Nachmittag steigt man aus dem Flieger und spürt dieses befreiende Gefühl. Da sein, angekommen sein. Tief einatmen. Die Luft ist anders. Sommer. Blauer Himmel und die Sonne zeichnet harte Schatten auf die Erde. Warme Luft umweht den Körper und zwingt, die warmen Klamotten, die man aus Deutschland und dem kalten Nachtflug noch an hat, abzulegen. Wie gerne man das tut. Angekommen, alle Zwänge fallen ab. Lächeln.
Weihnachten in den Winelands
Die ersten Tage verbrachten wir in Paarl. Weinanbaugebiet, Winelands. Orte wie Stellenbosch und Frenschhoek liegen in der Nähe. Alles nur etwa 1 Stunde nördlich von Kapstadt entfernt. Weihnachten wird also nicht mit und in der Familie verbracht werden. Weihnachten war für uns in der Ferne, im Leeuwenhof Estate. De Leeuwenhof wurde 1689 gegründet und ist eines der ältesten Weingüter in Paarl. Heute wachsen hier auf 15 Hektar 3.500 Obstbäume. Den Mittelpunkt bildet das Herrenhaus im kapholländischen Stil, das von einem parkähnlichen Garten mit zwei Swimmingpools umgeben ist. Die Gästezimmer sind im historischen Haupthaus oder in den restaurierten Gebäuden Alte Scheune und Alte Ställe untergebracht. Weihnachten also im Stall. Da kommen Gedanken auf zur Weihnachtsgeschichte und der Frage: Wer bin ich eigentlich? 🙂
Liebenswerte Gastgeber
Die Gastgeber richteten im Garten ein grandioses Weihnachtsfestessen aus. 8 Gänge, viel Wein. Wen wundert es, wir sind in den Winelands. Ein liebevoll geschmückter Weihnachtsbaum und ein ebensolches Tischgedeck erwarteten uns. Die Feuerschale entwickelte zwar Rauch, der als kalter Rauch dann am nächsten Tag in der Kleidung an den Abend erinnerte, aber der Geruch der servierten Speisen machte ihn in dem Augenblick unsichtbar, also unriechbar, ich glaube geruchlos wäre das passende Wort, aber es würde ja nicht stimmen. Klamotten kann man waschen lassen. Kostengünstig ist es hier und ich wundere mich immer wieder, wieso die Koffer so schwer sind, wenn wir verreisen. Für Notfälle. Nur für Notfälle transportiert man so viel von dem, was nicht braucht. Aber im Notfall hätte man dann alles, was man zu brauchen glaubte. Stimmt. Das Essen war toll jedenfalls, der Wein auch. Beides gab es viel.
Reisen bedeutet aktiv sein, nicht nur im Essen und Trinken. Reisen bedeutet, erkunden, sich morgens aufmachen und die Welt zu entdecken, zu erobern. Ich will erfahren, neue Dinge lernen, mich mit Ansichten auseinandersetzen, ich will verstehen, was mich umgibt und warum es so ist. Warum manche Dinge so anders sind und ob sie mir vielleicht sogar gefallen, ich sie annehmen kann. Ich wusste, dass es ein einzigartiges Monument in Paarl gibt, weltweit einmalig. Ein Monument für Sprachen. Der Anblick aber auch der Blick von dort ins Tal sind gigantisch und beeindruckend.
Afrikaanse Taalmuseum
Das Afrikaanse Taal Monument ist nicht nur architektonisch interessant, sondern auch ein Symbol für die kulturelle Vielfalt und den Stolz der Menschen, die Afrikaans sprechen und die Geschichte Südafrikas geprägt haben. Das Monument wurde 1975 eingeweiht, um die Entwicklung und Bedeutung der Afrikaans-Sprache zu würdigen. Afrikaans ist eine der Amtssprachen in Südafrika und entstand aus dem Niederländischen, das von den frühen Siedlern in der Region gesprochen wurde. Das Design des Denkmals ist architektonisch markant, nicht unumstritten und wurde von dem Architekten Jan van Wijk entworfen. Es besteht aus einer Kombination von Säulen und Strukturen, die an die Vielfalt der afrikanischen Sprachen erinnern sollen.
Symbolik – der Fluss des Wassers
Der Wasserfall im Inneren des Afrikaanse Taal Monument hat symbolische Bedeutungen, die eng mit der Entwicklung und dem Fluss der Afrikaans-Sprache verbunden sind:
- Lebensquelle der Sprache: Wasser wird oft als Symbol für Leben und Quelle verwendet. Im Denkmal repräsentiert der Wasserfall die Quelle der Sprache, die Inspiration, aus der Afrikaans entstanden ist und sich entwickelt hat.
- Fließende Entwicklung: Das Fließen des Wassers symbolisiert auch die ständige Entwicklung und Veränderung der Sprache. Wie ein Fluss, der nie stillsteht, hat sich Afrikaans im Laufe der Zeit entwickelt, beeinflusst von verschiedenen Kulturen, Ereignissen und Menschen.
- Kraft und Dynamik: Der Wasserfall steht auch für die Kraft und Dynamik der Sprache. Afrikaans ist eine lebendige Sprache, die eine eigene Identität und Stärke hat, und der Wasserfall könnte diese Vitalität verkörpern.
Insgesamt repräsentiert der Wasserfall im Monument die Vitalität, den Ursprung und die anhaltende Entwicklung der Afrikaans-Sprache. Es ist ein symbolisches Element, das die Besucher daran erinnert, dass Sprache wie Wasser fließt, lebendig ist und sich ständig weiterentwickelt. Sollten seine Besucher aus aller Welt aber auch. Nur, das steht hier nicht geschrieben. Es wäre aber trotzdem notwendig.
Paarl und Umgebung bieten aber auch noch vieles mehr, was man erkunden kann, Kirchen, Weingüter zählen dazu.
Auf in die Cederberge
Es geht weiter in Richtung Norden. Weiter weg von vielen Menschen, die touristisch und laut unterwegs sind. Wir suchen Ruhe, Stille vielleicht sogar, denn Kopf und Körper schreien das ganze Jahr unentwegt. Wir machen uns auf den Weg nach Tulbagh. Diesen Weg kann man schnell fahren. Die Straßen sind gut und breit und man kommt in der Region wirklich schnell von A nach B. Linksverkehr mag ich, denn es ist anders, so zu fahren. Und wir hatten von AVIS einen fetten chinesischen SUV bekommen, denn wir wollten später dann ins Nirwana, ins Outback, wo es keine Straßen mehr geben würde.
Pässe und Ausblicke
Schnell fahren nun also von A nach B? Das widerspricht dem Entdeckerdrang, der die Reisegrundlage bildet. Es gibt hier einen tollen Pass, kurvenreich und eng für fette SUV, dafür aber mit dem Geschenk phänomenaler Ausblicke, mit denen man belohnt wird. Dieser lohnende Ausblick ist das Bild oben über dem Bericht hier. Dafür lohnt sich das passieren von Pässen definitiv. Starker Wind blies alle Sorgen aus dem Alltag, alle Gedanken irgendwie sogar weg. Ich liebe Pässe zu fahren, denn es steht immer die Frage im Raum, was ist hinter der nächsten engen Kurve. Ich genieße die Landschaft. Kann mich kaum satt sehen. Ich staune immer wieder, bin überwältigt, denn die Weite strahlt genau die Ruhe aus, die ich such(t)e. Der Bains Kloof Pass ist wirklich gut zu fahren und beeindruckend. Es geht nach Tulbagh.
typische Kleinstadt
Tulbagh ist eine malerische Kleinstadt in der Provinz Western Cape in Südafrika, etwa 120 Kilometer nordöstlich von Kapstadt gelegen. Die Stadt ist bekannt für ihre historischen Gebäude, die im kapholländischen Stil erhalten sind, und liegt in einer reizvollen Umgebung mit malerischen Weinbergen und majestätischen Bergen. Der Ort liegt im klimatisch begünstigten Breede River Tal, wo er von bis zu 2.200 Meter hohen Bergen umgeben und geschützt wird. Bereits im 17. Jahrhundert siedelten sich Buren und später auch Engländer an. Die Einfahrt in die Stadt begrüßt einen schon mit einer erstaunlichen Sicht. Bergab schaut man die schnurgerade Straße entlang und sie zieht ein magisch in das Innere der Kleinstadt. Immer entlang der restaurierten Gebäude, die nach einem Erdbeben 1969 beschädigt wurden und heute Bestandteil des historischen Stadtkern sind. Gleichzeitig aber wandert der Blick aber weiter in Richtung Horizont, heraus aus der Stadt hin zu den Cederbergen.
Kleinstadthotel mit Flair
Die Umgebung von Tulbagh ist von Weinbergen geprägt und gehört zur Cape Winelands Region. Die Weinproduktion spielt eine bedeutende Rolle, und Besucher haben die Möglichkeit, Weingüter zu besichtigen, Weinproben zu genießen und die herrliche Landschaft zu erkunden. Trotzdem verirren sich wenig ausländische Touristen hierher. Diese folgen eher dem Mainstream. Das ist gut für uns.
Beherbergt wurden wir vom Tulbagh Boutique Heritage Hotel. Das denkmalgeschützte Hotel liegt zentral an der Church Street, dem historischen Kern von Tulbagh. Das Hauptgebäude ist ein Musterexemplar kapholländischen Stils und stammt aus dem Jahr 1859. Wir waren genau gegenüber in einem der restaurierten Gebäude untergebracht, dessen abgeschirmter Innenhof einlud, zu relaxen.
Abendessen und Frühstück nahmen wir im Hotel selbst ein. Auch das hat einen schönen Innenhof, der abschirmt. Aber Tulbagh ist eine Kleinstadt, in die sich eben nur wenige Touristen verirren. Vom Trubel abgeschirmt sein, ist also eher etwas, was man sich einbildet. Es gibt ihn nicht. Aber jeder Gast ist willkommen und der Service ist sehr sehr freundlich. Jeder hier sieht sich selbst und auch Südafrika im Aufbruch. „Alles ist möglich. Hier ist alles möglich.“ war die Antwort auf eine Frage von mir. Und genauso war es gemeint. Jeder sieht seine Chance auf Veränderung. Just do it, yes, we can.
Umgebung von Tulbagh
Das Wetter erschlägt uns wieder mit seiner Freundlichkeit. Sein heißer Atem wird angenehm abgeschwächt durch einen dauerhaften Wind. Uns zieht es nach Norden hinaus, denn wir werden die Gegend konzentrisch erkunden. Alte Gebäude auf klassischen Weingütern laden ein, zu verweilen. Die Leichtigkeit des Lebens kehrt zurück. Müßiggang ist kein Frevel, denn er gibt der Seele etwas zurück. Wir genießen in allen Zügen und Facetten die Menschen, die Natur, die Geschichte dieser Region – ohne viele Menschen. Das Nordkap, in dem wir uns nun befinden, ist größer als Deutschland, hat aber weniger Einwohner als Köln. Wohltuend ist das Wort, dass mir sofort bei dieser Info durch den Kopf schießt bei dieser Aussage.
Konzentrisch erkunden, das war die Idee und bedeutet, in erweiterten Kreisen die Erkundung vorzunehmen. So fuhren wir in Richtung Ceres und wurden im Entdeckerdrang eingeengt durch die Feiertage, die auch den Menschen hier Erholung geben wollten. Das heißt, nicht alles ist auch wirklich geöffnet. Geöffnet oder geschlossen als Begriff ist allerdings im Süden Afrikas nur bedingt ein fest geschriebener Begriff. Ist ein Tor zu einem Weingut geschlossen heißt das noch lange nicht, dass man nicht einen Abstecher hinein machen kann. Tore öffnet man, fährt hindurch und schließt sie wieder hinter sich. Restaurants o.ä. sind zwar zu ggf., aber erkunden kann man den Bereich trotzdem.
Zentrum des Obst- und Gemüseanbaus
Ceres ist eine vielseitige Stadt, die Natur, Abenteuer, Landwirtschaft und Entspannung vereint. Sie liegt am Rande der Großen Karoo und ist Zentrum des Obst- und Gemüseanbaus. Mit ihrer malerischen Umgebung und den vielfältigen Freizeitmöglichkeiten ist sie ein beliebtes Ziel für Reisende und Naturliebhaber. In den Wintermonaten bietet Ceres die Möglichkeit zum Skifahren und Snowboarden im nahegelegenen Matroosberg Naturreservat. Es ist einer der wenigen Orte in Südafrika, wo Schnee fällt, und zieht Wintersportbegeisterte an. Die Stadt liegt ebenso betitelten im Ceres-Tal, das von atemberaubenden Bergketten wie dem Hex Rivergebirge umgeben ist.
Cederberge – Clanwilliam und Oudrif
Weiter nach Norden, es zieht uns weiter in eine grandiose Landschaft mit wenig Menschen. Es zieht uns in die angepriesene absolute Einsamkeit. Wir sind auf den Weg Richtung Clanwilliam und weiter nach Oudrif, einem Ort, an dem es kein Telefonnetz, geschweige Internet gibt. Nur Solarstrom und nette Gastgeber. Oudrif liegt entlang des Doring River, einem Fluss in der Cederberg-Region in der Provinz Western Cape. Die Landschaft ist von faszinierenden Felsformationen, sanften Hügeln und der unberührten Natur des Cederberg-Gebirges geprägt und bietet eine Rückzugsmöglichkeit in die Natur. Es ist ein Ort, an dem der Besucher die raue Schönheit der natürlichen Umgebung des Cederberg-Gebirges genießen kann.
Dorthin wollten wir, das hatten wir uns ausgesucht und ausgemalt im Kopf. Die Anreise solle kompliziert sein, denn es gäbe keine Möglichkeit von Anrufen, wenn man sich in der Weite des Gebirges verfahren würde. Aber da waren wir noch nicht.
Wir waren noch unterwegs, reisend, erkundend und Rast machend an einem Farmstall, wie Raststätten oft heißen und als kleine, privat geführte, einfache Orte darstellen, um einen Kaffee zu genießen und sofort Gespräche zu führen, die die Lebensgeschichten der Betreiber liebenswert offenbaren. Man lauscht den Erzählungen und der Kopf hinterfragt zugleich den Vergleich zum eigenen Leben. Menschen sind so vielfältig aber auch so gleichartig in ihren Lebenszielen. Stets auf der Suche nach dem momentan erhofften Glück. Unser Gastgeber am Farmstall z.B. war 40 Jahre zur See gefahren, auf einem Lobster-Kutter in Lambertsbay, und nun wollte er etwas Beständigkeit mit seiner Frau und hat die Raststätte gepachtet. Seine Erzählungen führten später genau dazu, dass wir Lambertsbay besuchten und so zu einem Erlebnis kamen, dass ich noch beschreiben werde. Konzentrische Kreise haben sich also wieder ergeben, eins führt zum anderen und das verstehe ich unter Reisen.
auf ins Outback, ab ins Nowhere
„Fahren Sie von der R363 18 km nördlich von Clanwilliam auf Schotterwegen nach Osten Richtung Nardouwsberg, nach 15,5 km links Richtung Papkuilsfontein, an 3 Häusern vorbei, links das erste sieht unbewohnt aus, dann rechts das zweite ist weiß angestrichen. Das dritte Haus hat viele Kakteen im Garten. 500 m weiter rechts bei dem weiß angestrichenen Stein auf den Farmweg abbiegen. An der Gabelung links bleiben!“ – so war die Wegbeschreibung, um nach Oudrif zu gelangen. Und bitte nicht verfahren, es gibt ja kein Telefon zwecks Nachfragen.
„Das Gästehaus liegt völlig einsam in der Weite der Cedarberge, 1,5 Autostunden von Clanwilliam, dem nächsten Ort, entfernt. Es bietet bis zu zehn Gästen Platz, die in einer der strohgedeckten und dennoch komfortablen Lehmhütten untergebracht werden. Der eigentliche Luxus der Unterkunft besteht jedoch in der ursprünglichen Bergwildnis, die das Haus bis zum Horizont umgibt, und der tiefen Stille. Mehrere Wanderwege führen von der Lodge in die Berge, zu Aussichtspunkten, Höhlenzeichnungen und Badestellen.“ Das war der Grund der Auswahl des Zieles und es gegrüßte uns bei 40 Grad. Ich muss mehr erzählen zu diesen Ort und zu den Gastgebern.
Zu Gast abseits des Trubels
Oudrif liegt in einem Tal entlang eines Flusses, der jetzt im Sommer wenig Wasser führt, aber trotzdem einsame und tiefe Badestellen bietet. Die Gästehütten auf der einen Seite des Tals, eine felsige Wand auf der anderen Seite. Jeanine, die Gastgeberin und ihr Mann Bill führen den stillen Ort nachhaltig und mit einer Vielzahl, 7 momentan, von Jeanine geretteten misshandelten Hunden, deren Bellen ab und an dann durch das Tal hallt und als Echo zurückgeworfen wird. Die Hunde lieben Jeanine und obwohl sie kaum oder nur noch erschwert laufen können, weichen sie ihr nicht von der Seite und begleiten sie sogar zu den Wanderungen hoch nach oben, auf die Gegenseite des Tales, wenn man die uralten Felszeichnungen der San besucht.
Beide Gastgeber sind Veganer aber respektieren die Essgewohnheiten der Gäste. Jeanine ermöglicht also zu jedem Essen der Vollpension auch fleischige Speisen vom Grill, Eier oder Käse als Beilage. Unterschwellig und insgesamt kommt man aber auf ca. 90% vegane Ernährung. Fällt irgendwie gar nicht auf. 🙂 Kalte Getränke werden durch Solarstrom bereitgestellt. Alles hergeht auf in einer faszinierenden Gegend und es ist ein beeindruckender Ort, den wir da vorfanden.
Wir lernten Mark kennen, einem Südafrikaner mit deutschen Wurzeln, der ein bewegtes Leben hinter sich hat und nun seine Kreativität in NOWAND fokussiert, einem Musikprojekt. Sein Album kaufte ich dann auch und so erinnert mich seine mystische Musikkomposition an diesen magischen Ort.
Rock Art
Früh um 7 Uhr, vor dem Frühstück noch, führte uns Jeanine durch das Flussbett und über steile, steinige Pfade ans Gegenufer und hoch zu den Felsen mit Zeichnungen der San. Rock Art werden sie hier genannt und die Region weist die größte Häufigkeit von Zeichnungen der San in Afrika auf, die hier vor Ort bis zu 8000 Jahre als sein können. Die, die uns unsere Gastgeberin zeigte, sind 2000 jähre alt und jünger. Interessant ist allerdings, dass die unheimlich filigranen Zeichnungen die älteren Abbildungen sind und die nachfolgenden Zeichnungen an diesen versteckten, magischen Orten immer grober wurden, bis sie dann nur noch in Handabdrücken resultierten. Vorweggenommene Entwicklungen unserer heutigen Gesellschaft? Dann wurde sich Geschichte also wiederholen.
Schlussendlich war die gewonnenen Eindrücke der Wanderung (mein Rücken hielt durch, wenn auch an manchen Passagen widerwillig) und der Zeichnungen einzigartig. Geschichte fasziniert, wenn man sich darauf einlässt sich zeitlich zurückzuversetzen, einen Zeitsprung zu machen, um Beweggründe zu erahnen. Und danach gab es Kaffee, der einen wieder zurück beamte in die Realität der Gegenwart, die durch diesen Kaffee aber wohltuend abgemildert wurde.
Ängstlich noch nach ihren wohl sehr negativen Erlebnissen, hielt sie sich oft an unserer Hütte auf und begleitete uns dann zum Haupthaus und zurück. Die Hitze machte ihr zu schaffen, so als Husky, deshalb war sie immer begeistert, wenn jemand im Fluss baden ging und sie diejenigen als Schwimmerin begleiten konnte. Ein dickes Fell braucht man eher in Deutschland, aber hier bei 40 Grad? Sie hatte scheue Augen mit eindringlichen Blicken, die sich sofort abwendeten, wenn man sie anzuschauen versuchte. Ich denke, sie ist gut aufgehoben in der Einsamkeit der Berge und bei Jeanine.
Stille
Was macht man nun so ohne Internet an einem entlegenen Ort. Baden im Fluss, Rock Art … man kann vieles hier machen. Man muss nur wollen. Und mir, der nie ruhig sitzen kann, der immer alles sofort machen und erkunden muss, mir fehlte hier genau dieser Wille.
Ein mir unbekanntes Gefühl umgab mich – nichts tun wollen. Selbst Denken, also Nachdenken war nicht das, was ich zuließ. Ich genoss diese Stille, die nach und nach meinen Kopf füllte. Keine Leere breitete sich dort aus, es war Stille. Ich hörte den Wind bewusste denn je. Wind hat so viele Nuancen und hier nahm ich sie wahr. In die Felsen schauen, dem Echo im Tal zuhören, wenn die Hunde begeistert bellten, weil sie wieder die Jeanine erblickten, aber eigentlich nur diese Ruhe spüren wollen, die sich nach und nach im Körper ausbreitete. Tiefe Entspannung, die mir so bisher eigentlich nie bewusst wurde. Den ganzen Tag nichts weiter tun, als das zuzulassen. Ich lasse Ruhe zu, ich bin über mich selbst herausgewachsen 🙂
Aber am nächsten Tag war das vorbei, denn es ging weiter. Zu viel Ruhe ist vielleicht für mich dann auch nicht zu gut. Man gewöhnt sich vielleicht daran und wer will das schon. 😉
Auf an den Atlantik nach Paternoster
Weite Landschaft öffnet sich wieder und bettet uns ein. Ich fühle mich eingebettet, aufgehoben in dieser Weite. Ausblicke bis zum Horizont, blauer Himmel, weite und breite Straßen ohne Hektik. „Vorsicht Schulbus, Kinder – 80km/h“ – alles ist anders als im überreguliertem Deutschland. Ich darf 120km/h fahren, begnüge mich aber mit 80km/h. Wie in Südafrika üblich, lenke ich den Wagen, wenn mich jemand überholen will, auf den Standstreifen und lass ihn passieren. Warnblinker zeigen die Bedankung an, die mit Lichthupe erwidert wird. So ist das hier und es funktioniert. Zwischendurch macht man wieder an einem Farmstall mit Kaffee und einer kleinen Stärkung Rast. Hektik ist was für die Nordhalbkugel und auch das eher europäisch. Hier nicht. Jedesmal werde ich hier in Afrika daran erinnert, was ein Sprichwort so gut beschreibt: „Ihr habt die Uhren, aber wir haben die Zeit.“
Wir wollen nach Paternoster, machen aber einen Umweg. Der Weg ist das Ziel, wir Reisen ja. Lambertsbay ist ein kleiner Ort am Atlantik, der Pächter des einen Farmstall’s war ja hier 40 Jahre zur See gefahren. Blauer Himmel, weißer Strand, ein kleiner Hafen und beliebt bei Surfern. Eine liebevolle Atmosphäre empfängt und im Dorfinneren, aber auch außerhalb an einem Punkt, an dem gerade ein großes BBQ mit Seefang stattfindet. Genüsslich beobachten wir die Menschen, die sich dem Schmaus hingeben und einfach ihre Zeit genießen, bei einem grandiosen Ausblick aufs Meer.
lange Züge
Und manchmal hat man einfach Glück. Am schönsten ist es, wenn Glück einen unerwartet trifft. Dieses Glück ist nachhaltiger, nachhallend. Und dieses Glück war ein Zug. Ein einfacher Güterzug kann Glück bedeuten? Ja, kann er, denn ich hatte über ihn gelesen. Ab und an, nicht so häufig, pendelt einer der längsten Züge der Welt hier, um auf einer 800 km langen Trasse Eisenerz vom See-Hafen in die Gebiete der Verhüttung zu transportieren. Er ist ca. 3,7 km lang, muss von 7 bis zu 9 verteilten Lokomotiven angetrieben werden und bewegt bis zu 30.000 Tonnen Eisenerz. Man muss zur rechten Zeit, am rechten Ort sein, diese Brücke auch gerade dann passieren, wenn er sie unterquert. Man muss diesen einen Tag, diese 10 Minuten an der Brücke erhaschen, ohne es vorher zu wissen. Ja, es war ein glücklicher und erhabener Moment, diese Fotos schießen zu können. Es war Glück.
Paternoster ist ein malerisches Fischerdorf an der Westküste von Südafrika, etwa 150 Kilometer nördlich von Kapstadt gelegen. Der Ort ist bekannt für seinen Charme, seine unberührten Strände, die Fischereitradition und die ruhige Atmosphäre. Als traditionelles Fischerdorf bewahrt es sich seinen ursprünglichen Charakter. Man kann noch immer die bunten Fischerboote auf dem Sand sehen, während die Fischer ihre frischen Fänge des Tages an Land bringen. Die maritime Atmosphäre ist hier allgegenwärtig. Unser Gasthaus, das Gonana Guesthouse, liegt direkt am Strand in einer kleinen Bucht mit einem Blick auf die Weite des Atlantik, aber auch auf die weißen Häuser an den anderen Stränden des kleinen Ortes. Frühstück ist hier etwas, worauf man sich freut. Nicht weil der neue Tag beginnt oder es einfach lecker schmeckt, sondern weil man es mit diesem Ausblick genießen kann.
Strandbegegnungen
Vor den wieder konzentrischen Kreisen der Entdeckung des Umfeldes wollten wir nach dem Frühstück erstmal eine halbe Stunden den leeren Strand in uns aufnehmen, die salzige Luft des Atlantik einatmen, den Wellen und dem Wind lauschen. Aber plötzlich tauchte da eine 40 köpfige Gruppe junger Männer am Strand auf. Bewaffnet mit Schippen und Eimern begannen sie im Sand zu graben. Sandburgen bauen ist aber ur-deutsch und sollte es archäologisch sein, wäre es ja auch mein Ding. Ich musste es wissen, wissen, was sie da vorhaben, an dem sonst so menschenleeren Strand.
Meinen Adonis-Körper aufraffend begab ich mich zu ihnen, um sie nach ihrem Tun zu befragen. Es war eine Gruppe junger Männer aus einem Rehabilitationsprogramm für Drogen- und Gewaltdelikten, die in 4 Teams einen Teambildungs-Workshop veranstalteten. Sie mussten sich am Vortag ein Thema wählen, was sie nach der Reha im Leben tun wollen und sich Gedanken zu einer Sandskulptur machen, die dann in genau einer Stunde zu gestalten wäre. Und diese Stunde ja genau jetzt. Unsere halbe Stunde zog sich also und wurde so zu einer ganzen Stunde – und ich durfte fotografieren. Ob ich Südafrikaner wäre, wurde ich gefragt. Na ja, nicht ganz. Ob ich wenigstens für die NY Times fotografieren würde. Auch nicht ganz. Aber geoutet als Deutscher kam lachend einer auf mich zu und outete sich als Belgier, was ein Abklatschen und Lachen hervorrief.
In und um Paternoster
In Paternoster ist alles fußläufig erreichbar, wenn Gaststätten oder Läden und Galerien besuchen möchte. Innerhalb von 1,5 km ist alles erreichbar. Angrenzend ist ein großes Naturreservat, was einen Leuchtturm hat und auch einen großen Zeltplatz. Am Wochenende vor Silvester machten sich nun Unmengen von Südafrikaner auf, ihre Städte zu verlassen, um auf den Zeltplatz in die Natur zu fliehen. Auto an Auto reihte sich dann teilweise in Kolonnen durchs Dorf in das Reservat, mussten zwecks Eintrittsgebühr halten, um dann auf den staubigen Wegen in Richtung Meer und Zeltplatz zu fahren. Die Sehnsucht nach Meer schein in allen Kulturen der Welt irgendwie fest verankert zu sein. Ich verstehe das zutiefst. Genau auf der anderen Seite der Bucht von Paternoster steht ein zweiter Leuchtturm und wartete darauf, von uns besucht zu werden.
San Heritage Center und Kapstadt-Erlebnisse
Weiter geht es jetzt Richtung Kapstadt, immer entlang der Küste. Cruisen. In der Jugendsprache bezeichnet der Begriff das „möglichst coole Herumfahren“ etwa mit einem Longboard oder Cruiser. Andererseits definiert man den Begriff als ziellos, langsames Herumfahren im Auto. Was ist das nun auf mich bezogen. Es muss ein Kompromiss her, denn Langboard ist nicht meins, ziellos aber auch nicht. Also definiere ich an an mich angepasst als cooles, langsame Fahren zu einem ausgewählten Ziel. Kapstadt war das Endziel, aber ich wusste, dass auf der Strecke ein einzigartiges Museum zu finden ist, dass das Volk der San, seine Geschichte und seinen Werdegang dokumentiert.
Von den Anfängen der Menschheit – die San
Die San leben in verschiedenen Ländern im südlichen Afrika und wurden einst abschätzig als „Jäger und Sammler“ und als „Buschmänner“ bezeichnet. Doch das Volk der San kann dank seines naturnahen Lebensstils wohl seit Jahrtausenden in einer unwirtlichen Umgebung leben. Sie hatten unter vielen verschiedenen Mächten zu leiden, von den Holländern über die Portugiesen bis zum britischen Weltreich. Auch andere afrikanische Völker aus dem Nordosten und Zentralafrika bedrängten die San im südlichen Afrika. Im 20. Jahrhundert folgten die deutsche Kolonie Südwestafrika und das Apartheid-Regime in Südafrika – auch der mittlerweile regierende African National Congress (ANC), der das Südafrika seit der Befreiung regiert, nimmt die Rechte der San weiterhin nicht ernst.
Im Norden von Kapstadt lebt in Platfontein ebenfalls eine San-Gemeinschaft, die vor Kolonialismus, Hass und anderen afrikanischen Völkern geflohen ist. In Reservate wie Platfontein.
Wir waren im preisgekröntes San Heritage Centre, dass das Volk der San von den menschlichen Ursprüngen bis zum zeitgenössischen Leben der San zeugt. Eine fesselnde Geschichte, erzählt in drei zum Nachdenken anregenden Gebäuden. Und mir wurde erlaubt, zwei San zu fotografieren, wofür ich sehr dankbar bin. Denn die üblichen Fotos zeigen sie nach wie vor in den Posen der „Jäger und Sammler“, was sie aber nur noch recht wenig ausleben können in wenigen Bereichen von Namibia oder Botswana.
Kapstadt – endlich wieder
Kapstadt empfängt uns wie immer. Mit dem Blick auf die Skyline verschlingen uns die Straßen und saugen uns ins Innere der Stadt. Am oberen Ende des Zentrums, mit sehr schönem Blick auf den Tafelberg und der Gondelstation dort oben, lassen wir uns selbst ankommen. Wir sind das 7. Mal in Kapstadt und kennen uns relativ gut aus. Uber ist dein Freund, wenn du dich nicht mit großem SUV in enge Parkhäuser an der Waterfront zwängen willst und … wenn du eh vor hattest, das Gewimmel der Touristen an der Waterfront bei Aperol Spritz und Wein zu beobachten.
Es ist Silvester und im Gegensatz zu vorherigen Silvester die wir dort erlebten, war eine große Bühne aufgebaut und der dumpfe Bass dröhnte zusammen mit den Stimmen der Künstler durch den Hafen. Mit zwei Worten kann man es beschreiben, eine Entwicklung, die seit Jahren immer mehr zu nimmt, weil es „hipp“ ist, hier zu sein: voll und laut. Nicht so sehr meins, unser. Aber wir hatten für Silvester zum 3. Mal Plätze zum NYE Dinner in einem afrikanischen Restaurant gebucht. Online ohne Probleme geordert, war das Dinner, wie aber auch das, was kulturell geboten wurde wieder ein Genuss. Das KARIBU gibt sich immer viel Mühe und das stimmungsvolle Ambiente überträgt sich auf die Gesichter und Bewegungen der Gäste und Servicekräfte. Bedienung fast als afrikanischer Tanz, afrikanische Tänze, die die Gäste einbindet. Gute Laune entwickelt sich sofort, trotz der Lautstärke, die afrikanische Musik ebenso so mit sich bringt.
Allerdings wichen wir der 0 Uhr Zeremonie unter 10.000 Menschen aus und ließen uns vorher schon ins Noah-Guesthouse fahren. Sekt und Zigarre – wir hatten vorgesorgt. Den Massen an der Waterfront sind wir glücklich entflohen. 2024 hat mit uns begonnen, am anderen Ende der Welt.
Kirstenbosch
Tag 1 im neuen Jahr in einer übervollen Stadt stellt die Frage, wohin. Was machen die Menschen in Capetown, wenn sie dem Trubel entkommen möchten? Es gibt einen Ort, den wir in 6 Besuchen von Kapstadt noch nie geschafft hatten zu erkunden. Der größte Botanische Garten Südafrikas und einer der schönsten Botanischen Gärten der Welt. So völlig anders, als der in Rio. Am Rande des Tafelberges ist der Botanische Garten Kirstenbosch nicht nur ein Ort der Schönheit, sondern auch ein bedeutendes Zentrum für den Schutz der einheimischen Pflanzenwelt und ein Ort, an dem Besucher die Vielfalt und Schönheit der südafrikanischen Flora erleben können.
Die Rasenflächen laden jeden und besonders Familien ein, sich für ein Picknick niederzulassen. Kirstenbosch hat eine Fläche von etwa 528 Hektar und ie Lage bietet atemberaubende Ausblicke auf den Tafelberg und das umliegende Gebirge. Es beheimatet etwa 7.000 Arten, darunter viele endemische Pflanzen Südafrikas, wie Proteas, Fynbos und andere einzigartige Arten. Der Garten ist aber nicht nur ein Ort der Erholung, sondern auch ein botanisches Forschungszentrum. Er ist in verschiedene Bereiche unterteilt, die die verschiedenen Pflanzenhabitats Südafrikas darstellen, darunter Fynbos, Savanne, Wald und mehr.
Strände werden geliebt – überall, weltweit
Und dann sind da die Strände. Wir haben viel gehört, dass die Südafrikaner ihre Strände lieben und wenn es freie Tage gibt, wie den 1.1. z.B., zieht es alle an den Strand. Klein und groß, zu Fuß und im Auto – jeder will an den Strand, will ins Wasser, obwohl gerade in Muizenberg wieder Stark-Alarm ausgerufen wurde. Surfer, Badende, Schwimmer, Sandburgen-Bauer… alles zieht es an den Strand. Die Hitze befördert alle an den Strand, aber die Enge dort macht es nicht wirklich besser. Zu sehen, nicht ganz allein am Strand zu sein, ist es allemal wert.
Ach Kapstadt, du Mutter aller Städte, Mothercity und Sehnsuchtsort, du Sinnbild vom Gefühl des sich frei Fühlens. Du hast so viele Gesichter, die das Antlitz zu jeder Tageszeit wechselt. Und du lässt mich zu dir aufschauen, von dir herabschauen und bleibst dennoch unergründlich. Ja, du machst Menschen froh und zu Entdeckern.
Kaapse Klopse
Jetzt gehts um Essen. Mitnichten 🙂
Der Cape Town Carnival, auch bekannt als „Kaapse Klopse“ oder Cape Minstrel Carnival, ist eine der größten und farbenfrohsten Feierlichkeiten in Kapstadt. Es ist ein lebendiges kulturelles Ereignis, das die reiche Geschichte und die verschiedenen kulturellen Einflüsse in Kapstadt zelebriert. Es ist eine farbenfrohe und mitreißende Feier, die dieses Jahr ca. 100.000 zusätzliche Besucher aus der ganzen Welt anlockte. Der Ursprung des Cape Town Carnival reicht zurück in die Zeit der Sklaverei im 19. Jahrhundert. Die Sklaven in Kapstadt hatten nur an Neujahr einen freien Tag und nutzten diese Gelegenheit, um mit Musik, Tanz und farbenfrohen Kostümen zu feiern.
Heute wird er oft am 2. Januar, dem sogenannten „Tweede Nuwe Jaar“ (Zweiter Neujahr), gefeiert. Es ist ein Tag, an dem die Stadt von lebhaften Prozessionen, Musikgruppen und farbenfrohen Kostümen erfüllt ist. Der Umzug ist so beliebt, dass die Besucher an der abgesperrten Strecke schon einen Tag vorher übernachten, um einen guten Blick auf das Spektakel zu haben.
Diesmal ging die Strecke von District 6 zum Bezirk Bo Kaap, querte also die Haupttrasse des Verkehrsflusses der Stadt und legte sie damit quasi verkehrstechnisch matt. Gruppen von Minstrels, gekleidet in bunten Kostümen und Gesichtsbemalungen, tanzen und spielen traditionelle Musik wie Malayitische Lieder und Marschmusik. Es gibt auch Wettbewerbe zwischen verschiedenen Gruppen („klopse“) um den besten Auftritt.
Mittendrin – mehr oder weniger illegal
Am Rande stehen, wie die 100.000 Besucher und von dort zu filmen oder zu fotografieren, war mir zu einfach. Einfach ist gut, aber Herausforderungen sind … herausfordernd. Und diese Bestand darin, an den Sicherheitskräften und an der Polizei vorbei in den Umzug zu gelangen, um jedenfalls für mich, einmalige Fotos machen zu können. Ich fotografiere seit meinem Studium im Bereich der Presse- und Reportagefotografie. Wenn man bestimmte Skills kennt, anwendet und anpasst, schafft man es ggf. in abgesperrte und abgesicherte Bereiche. Ich habe da einige Erfahrungen und die ermöglichten es mir dann wirklich, mitten IN den Umzügen zu fotografieren. Genau dann bin ich in meinem Element, das ist es, was ich brauche. Diese Herausforderung an eigentlich unmöglichen Dingen und dann, wie hier, mit den Menschen fotografisch zu interagieren auf Ebene der Reportage. Ich liebe es einfach, so zu arbeiten.
Ende, Aus, Schluss…
Traurigkeit sucht sich langsam den Weg ins Gehirn. Es geht um die Abreise, die mich zwingen wird, in einen Trott zu verfallen, der umso mehr Sehnsucht weckt. Ein Kreislauf wird neu beginnen. Ein Kreislauf mit Planung, Vorfreude, Durchführung und depressiven Stimmungen, wenn es vorbei ist. Ein letzter Blick auf die Waterfront, ein letzter Gruß an den Pinguin dort. Ich freue mich nicht und ich freue mich doch. Nicht, weil es in den Alltag geht, doch, weil wieder unglaubliche Eindrücke ihren Weg in mein Gedächtnis gefunden haben.
Bilder im Kopf bleiben auch dann, wenn man nicht mehr Reisen kann. Was man erlebt hat, ist seins. Gute oder schlechte Erlebnisse, sie bleiben immer ein Teil von dir und nur die Auseinandersetzung mit ihnen, lässt die Erinnerung erträglich oder glücklich erscheinen. Wer nichts erlebt, nichts riskiert, keine Herausforderung sucht, sich nicht selbst beweisen will, lebt nicht wirklich. Ich will leben, Leben erfahren. Deshalb liebe ich es zu Reisen.
Danke an dich, der es bis hier auch alles gelesen hat. 🙂