Teil 3: Montevideo – „Unglück in den Anden“-Museum und mehr

Am Abend waren wir noch in einem speziellen Markt – Mercado Agricola – echt spannend und sehenswert.

Das Älteste Café, ein Park und ein außergewöhnlicher Buchladen

Hans gab uns noch einige Tipps, die wir umsetzen sollten und so führte uns morgens der Fußweg in die Altstadt zum Café Brasilero, dem ältesten Café’s Montevideos.

Jeder spürt die uralte Geschichte sofort und man sitzt sehr schön bei Kaffee und Kuchen oder was auch immer. Entspannt lauschten wir den spanischen aber auch deutschen Stimmengewirr. Das funktioniert, wenn man das Handy in der Tasche lässt. Eine spezielle Art, sich von Ruhe und Gelassenheit treiben zu lassen.

Mitten in der Stadt ist eine sehr schöne Parkanlage eingerichtet, der von den Einwohnern sehr gerne genutzt wird. Man schlendert herum, isst, liegt auf dem Rasen. Die Atmosphäre ist auch hier sehr entspannt und es macht Spaß, einfach hier zu sein.
Per Pedes gelangt man von hier aus zu einem außergewöhnlichen Buchladen, der auf dem Weg einige weiteren Highlights bietet – dem Buchladen mit speziellem Café – Escaramuza.

Auf genau diesem Weg fand ich das Antiquariat mit einer Unmenge an Büchern und dessen Bücher unendlich liebenden Verkäufer 🙂

Gänsehaut – Museo Andes 1972

Zwölf war ich, als ich in der DDR Zeitung „Neues Deutschland“ im Wochenendteil von den Überlebenden des Flugzeugabsturzes in den Anden las. Dies war wohl einer dieser Trigger in meinem Unterbewusstsein, hierher zu kommen. Ich bekam die Bilder des Artikels nie wirklich aus meinem Kopf. Schließlich sah ich später die Doku, danach eine Verfilmung. Netflix brachte 2024 „Die Schneegesellschaft“ heraus und auch diesen Film verschlang ich.
Nun waren wir hier und mit dem Wissen, dass alle Überlebenden hier in diesem Stadtbezirk, rund um das Museum, wohnen, konnte ich, glaube ich jedenfalls, einen Teil meiner Geschichte in mir selbst abschließen.

Der Weg durch das Museum, wie ich ihn empfand

  1. Der erste Eindruck:
    Du trittst ein und spürst sofort die Stille.
    Keine Hintergrundmusik, keine Effekthascherei – nur leise Gespräche oder absolute Ruhe.
    Alles wirkt respektvoll, konzentriert und sehr persönlich.
  2. Der Anfang – Aufbruch und Absturz:
    Gleich zu Beginn siehst du Fotos der Rugby-Mannschaft und erfährst Details über den geplanten Flug nach Chile.
    Daneben hängen Landkarten, auf denen die Absturzstelle eingezeichnet ist – mitten in der endlosen weißen Leere der Anden.
    Dieser Einstieg zeigt: Was als fröhliche Reise begann, wurde zum Kampf ums Überleben.
  3. Die Tragödie – Überleben im Eis:
    Im nächsten Bereich siehst du Teile des Flugzeugs – verbogene Aluteile, Fensterrahmen, kleine Schrottteile.
    Besonders eindrucksvoll: selbstgebaute Schutzkleidung, improvisierte Sonnenbrillen gegen die Schneeblindheit.
    Auch Briefausschnitte sind zu sehen, die Überlebende schrieben, als sie keine Hoffnung mehr hatten.
    Diese Gegenstände wirken oft unscheinbar, aber gerade darin liegt ihre emotionale Wucht.
  4. Die Entscheidung – Tabu und Überleben:
    Das Museum behandelt sehr behutsam die schwerste Entscheidung: das Essen der Verstorbenen.
    Kein Schockeffekt, keine Sensation – nur schlichte Texte, die erklären, wie unendlich schwer und schmerzhaftdiese Entscheidung war.
    Du spürst hier: Es ging nicht um Kannibalismus – es war ein Akt der Verzweiflung und des tiefsten Lebenswillens.
  5. Die Rettung – Hoffnung in der Hölle:
    Der nächste Abschnitt zeigt den unglaublichen Marsch von Parrado und Canessa:
    • Karten mit ihrer Route
    • Fotos vom Moment der Entdeckung durch die Bauern
    • Zeitungsausschnitte von 1972 über die Rettung
      Es wird deutlich: Es war ein absolutes Wunder, dass sie lebend Hilfe fanden.
  6. Am Ende – Reflexion und Botschaft:
    Der letzte Raum wirkt fast wie eine Kapelle:
    • Gedenktafeln für die Verstorbenen
    • Zitate der Überlebenden
    • Eine sehr ruhige, fast spirituelle Stimmung
      Viele Besucher setzen sich hier kurz hin, um nachzudenken.

Man verlässt das Museum still, bewegt und demütig.
Es bleibt nicht der Schock, sondern der Respekt für den unglaublichen Überlebenswillen dieser jungen Männer.

Und der, der das Museum aufgebaut hat, der, der nicht will, dass vergangene Zeitabläufe die Geschichte verklären, sondern der will, dass Realität auch so bleibt und künftige Generationen sie noch immer begreifen können – den trafen wir dort und sprachen mit ihm.

UNVERGESSLICH!

Der Tag endete mit Koffer packen und früh wurden wir abgeholt, um mit dem Überlandbus nach Colonia zu reisen. Der Busbahnhof ähnelt echt einem Flughafenterminal, so groß ist es. Und alles klappte gut, die Koffer wurden verstaut und wir machten uns auf den Weg in einer der schönsten kolonialen Städte Südamerika, die sogar UNESCO Welterbe ist. Zurecht.

About the author